Mach nicht deine Vergangenheit für deine Probleme verantwortlich. Du kannst dich ändern und etwas aus dem machen, was du mitbekommen hast. In diesem Beitrag erhältst du wertvolle Tipps.
Jede und jeder von uns ist als Kind unter verschiedenen Bedingungen aufgewachsen. Die einen hatten es leichter, die anderen schwerer. Manchen wurden Schmerz und Leid zugefügt, andere hatten eine unbeschwerte und sehr schöne Kindheit. Wenn Menschen mit einer schweren Kindheit mangelnde berufliche Möglichkeiten, persönliche Probleme oder Schwierigkeiten in der Beziehung zu Partner:innen, zur Familie oder zu Freunden mit ihrer Vergangenheit entschuldigen, dann erscheint das durchaus plausibel.
Andererseits machen sie sich dadurch zum Opfer ihrer Vergangenheit. Sie fühlen sich in der Gegenwart oft hilflos und überfordert und machen sich auch wenig aus der Zukunft. So sind sie weder im Hier und Jetzt, in dem sie ihr Leben genießen, ihre ganze Leidenschaft in ihren Beruf stecken und ihre Zuneigung offen mit den ihnen nahestehenden Menschen teilen, noch erträumen oder planen sie ihre Zukunft.
Jeder kann etwas aus dem machen, was das Leben aus ihm gemacht hat.
Statt uns darüber zu beklagen, dass wir schlechte Startbedingungen hatten, ist es besser zu überlegen, welche Fähigkeiten und Möglichkeiten wir haben, um das Beste aus dem zu machen, was wir dennoch mitbekommen haben. Denn alle Menschen, auch jene mit schlechten Startbedingungen, verfügen in jedem Moment ihres Lebens über die Kräfte und Fähigkeiten, die notwendig sind, um mehr aus ihrem Leben zu machen.
War deine Kindheit durchweg nur glücklich? Hast du dir immer leicht getan in der Schule oder Ausbildung und in deiner beruflichen Laufbahn? Hast du auf Anhieb die Eine oder den Einen fürs Leben gefunden? Kurzum: Ist dir bislang alles gelungen in deinem Leben? Hand aufs Herz – wohl kein erwachsener Mensch kann im Rückblick von einer rundum guten Vergangenheit schwärmen. Wir alle haben in unserem Leben Höhen und Tiefen erlebt, sind gescheitert, mussten Ungerechtigkeiten ertragen oder schmerzliche Erfahrungen machen. Die Frage ist also nicht ob, sondern wie wir mit unserer Vergangenheit umgehen.
Für die Vergangenheitsbewältigung gibt es die unterschiedlichsten Herangehensweisen, je nachdem wie wir durch Kultur, Erziehung und Persönlichkeit geprägt sind. Die einen suchen ihren Seelenfrieden mit der Vergangenheit darin, negative Erlebnisse – ob selbst verursacht, durch andere oder einen Schicksalsschlag – loszulassen und als gegeben zu akzeptieren. Andere wiederum versuchen, die schlimmen Zeiten bewusst aufzuarbeiten und so die Beweggründe für ihr Verhalten zu herauszufinden, um ihr Leben zu verstehen. Auch in der Psychologie und Psychotherapie gibt es mehrere Wege des Umgangs mit der Vergangenheit und der Vergangenheitsbewältigung.
Egal, welchen Weg wir einschlagen. Wichtig ist anzuerkennen, dass die Vergangenheit nicht einfach weg ist. Sie lebt in unserer geistigen und emotionalen Erinnerung weiter und beeinflusst unser tägliches Verhalten. Schaden nimmt unsere Seele erst, wenn wir unsere Vergangenheit verneinen bzw. verschweigen. Denn damit unterdrücken wir lediglich die Erinnerungen, vor allem schmerzhafte und traumatische, und schieben sie gleichsam vom aktiven Bewusstsein ins Unterbewusstsein. Das hat nicht weniger Einfluss auf unsere Gedanken und Gefühle und verursacht nicht selten psychische Erkrankungen und Störungen wie Ängste, Aggressionen oder Depressionen.
Die Gründe hierfür sind vielfältig, allerdings haben sozio-kulturelle und religiöse Prägungen sicher einen großen Anteil daran. Gerade in Deutschland hat nach dem gesellschaftlichen "Sündenfall" der Nazizeit und des Zweiten Weltkriegs sowie des damit verbundenen Schuld- und Minderwertigkeitsgefühls für viele Jahre eine Kultur des Vergessens und Verdrängens von Vergangenheit eingesetzt. Eine ganze Generation wollte nicht über die schlimmen Erlebnisse und Gräueltaten des Krieges sprechen, weder untereinander noch mit Kindern und Enkeln. Stattdessen wollte man nach vorne schauen, sich auf das Gute konzentrieren, im Kleinen wie Großen eine neue Welt aufbauen und am so genannten "Wirtschaftswunder" teilhaben. Für Vergangenheitsbewältigung war da kein Raum.
Doch wurden gerade in den Nachkriegsjahren viele Menschen von ihren Erinnerungen an eben diese Vergangenheit eingeholt, meist von ihren Schuldgefühlen. Viele glitten ab in Alkoholsucht, Depressionen oder ergingen sich in Gewalt – nicht selten an Ehefrauen und Kindern. Auch die Selbstmordrate war in diesen Jahren besonders hoch. Befördert wurden diese Schicksale durch das Wegsehen der Gesellschaft und die Ächtung jeglicher psychischer oder körperlicher Schwächen. Lange Zeit wurden Kinder mit Sprüchen wie "Ein Indianer kennt kein Schmerz" erzogen und wer sich psychologische Hilfe suchte, um etwa seine quälenden Erinnerungen an die Vergangenheit zu bewältigen, der stand mit einem Bein in der "Klapse".
Erst durch Gesten einiger bedeutender Politiker wie Willy Brandt und die Umwälzung der späten 1960er Jahre wandelte sich Stück für Stück die Vergangenheitsbewältigung in Deutschland. Auch heute tun sich noch viele Menschen schwer damit, negative Erlebnisse aus ihrer Vergangenheit offen auszusprechen. Denn in unserer Leistungsgesellschaft gelten Schwächen immer noch als Makel. Vor dem Hintergrund zunehmender Krisen von außen und durch das Zurückgeworfenwerden auf sich selbst, ändert sich jedoch langsam der Umgang mit Schwächen und die Betrachtung der eigenen Vergangenheit. Gründe für ein berufliches wie privates Scheitern gibt es immer mehr, und so setzt sich ein anderer Blick auf ein Leben durch, das auch von Brüchen gezeichnet ist.
Um sich seine Gegenwart und Zukunft unbeschwert und positiv gestalten zu können, ist es unabdingbar, die Wunden der Vergangenheit zu heilen und seinen Frieden mit den eigenen Entscheidungen und Taten oder mit denen anderer Menschen zu finden. Das gilt besonders auch für erlittene Schicksalsschläge. Die Frage "Warum ist das gerade mir geschehen?" bringt dich nicht weiter.
Warum? Ganz einfach, weil es darauf keine letzte Antwort geben kann, die dir oder anderen Erlösung gibt. Und selbst wenn du in der Auseinandersetzung mit deiner Vergangenheit ungekannte und erhellende Antworten findest, hilft dir das allenfalls das Geschehene zu verstehen. Verändern oder rückgängig machen kannst du es dadurch nicht mehr. Deswegen ist der einzige Weg, wie du mit deiner Vergangenheit auf sinnvolle Weise abschließen kannst, sie zu akzeptieren als einen Teil deiner Geschichte, als einen Teil von dir. Es war, wie es war. Es hat dich in deiner Entwicklung beeinflusst und dazu beigetragen, dass du jetzt bist, wie du bist.
"Vergebung heißt, dass man aufhört, sich eine bessere Vergangenheit zu wünschen."
Jack Kornfield
Umso wichtiger ist es auch, zu verzeihen – dir oder anderen oder dem Schicksal. Denn auch hier gilt: Alle Strafen und alle Sühne können das, was passiert ist, nicht ungeschehen machen. Die Auseinandersetzung mit deiner Vergangenheit ist vielleicht nicht einfach, doch bietet sie dir auch die Chance, mehr über dich zu erfahren und daraus zu lernen. Also gehe bewusst und hoffnungsvoll auf diese besondere Reise.
Tipp 1 Lasse vergangene Erlebnisse dort, wo sie geschehen sind: in der Vergangenheit.
Was das bedeutet, zeigt am besten die buddhistische Weisheit von den zwei Mönchen.
Ihnen war es nicht erlaubt, mit anderen Menschen zu sprechen, noch sie zu berühren. Als die beiden auf einer längeren Wanderung an einen Fluss kamen, sahen sie eine ältere Frau, die ratlos am Ufer stand. Der Monsunregen hatte die alte Brücke überschwemmt und zum Einsturz gebracht. Nun konnte die Alte ihren Weg nicht fortsetzen und bat die Mönche, ihr hinüberzuhelfen. Erst zögerten die beiden, dann nahm der eine die alte Frau auf den Arm, trug sie durch den Fluss und setzte sie am anderen Ufer wohlbehalten ab. Daraufhin setzten die beiden Mönche ihren Weg fort. Nach vielen Stunden ohne ein Wort gesprochen zu haben, blieb der andere Mönch stehen und hob empört an zu sprechen: "Warum hast du unsere heiligen Regeln gebrochen und die alte Frau über den Fluss getragen?" Darauf entgegnete der eine: "Sieh, Bruder, ich habe sie nur wenige Minuten über den Fluss getragen, du dagegen trägst sie seit Stunden mit dir herum."
Der Mönch, der sich entschieden hatte, seine Regeln zu missachten, tat das bewusst und aus gutem Grund. Vor allem aber hat er sich in der Auseinandersetzung damit längst verziehen und so seine Taten in der Vergangenheit gelassen, ohne sie mit in die Gegenwart zu schleppen. Hier geht es nicht ums Loslassen, sondern eher ums Sein lassen.
Tipp 2 Sieh dein Leben als eine unablässige Chance an, zu lernen, zu wachsen und dich zu verändern.
Was du jetzt liest, was du sagst, wen du triffst und was du tust, ist schon im nächsten Moment Vergangenheit. Und doch wirkt manches in dir nach und anderes vergisst du. Warum? Weil du dich für manche Dinge mehr interessierst und für manche weniger. Und weil du emotional von einigen Erlebnissen mehr beeindruckt bist als von anderen. Wichtig ist die Erkenntnis, dass du es in der Hand hast, du kannst dich aktiv dafür entscheiden, wohin du deine Aufmerksamkeit fließen lässt. Und ob du etwas am Ende als negativ ansiehst oder als positiv. Frage dich ehrlich: Würdest du heute noch dieselbe Person sein und dieselben Ansichten, Träume und Ziele haben wollen wie in deiner Jugend? Überlege dir einmal, welche Erfahrungen dich rückblickend stärker gemacht haben und woran du gewachsen bist. Begegne deiner Vergangenheit mit dieser positiven Haltung, dann werden auch die schweren Zeiten in deiner Erinnerung leichter.
Tipp 3 Erinnere dich bewusst an die lichten Momente deines Lebens.
Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Du sollst deine Vergangenheit nicht nur schönfärben. Was geschehen ist, wie schlimm es auch immer war, ist geschehen und hat einen Platz in deiner Erinnerung. Aber viele Menschen neigen dazu, sich in ein Gedankenkarussell zu begeben, alles eher düster zu sehen, vor allem auch ihre Vergangenheit. Dann geschieht es leicht, dass dabei sie zum Opfer ihres Lebensfilms werden, denen Schlimmes widerfahren ist – und folgerichtig auch immer wieder widerfahren wird. Steig aus aus diesem Gedankenkarussell! Du hast es in der Hand, dein Leben neu zu betrachten. Neben dunkle auch lichte Momente zu rücken und ihnen mehr Gewicht zu geben. Das hilft dir, auch dein Hier und Jetzt ausgewogen zu erleben.
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„So sind sie weder im Hier und Jetzt, in dem sie ihr Leben genießen, ihre ganze Leidenschaft in ihren Beruf stecken und“ soziale Kontakte pflegen. Das Leben sollte nur aus Lohnarbeit und Beziehungen bestehen? das sehe ich anders.
Ein Punkt, der leider völlig fehlt, ist, dass unsere Gesellschaft uns oft auf die Vergangenheit fixiert. Wer mit 25 Jahren einen NC-Studiengang studieren möchte, wird auf die Abiturnote reduziert, die er vielleicht mit 18 Jahren erhalten hat in einem ganz anderem Stadium der Persönlichkeitsentwicklung. Den Abischnitt zu verbessern, ist nicht vorgesehen. Ähnlich verhält es sich mit dem BAföG. Nach einem Semester ein Studium abgebrochen und nie wieder BAföG. Bei Bewerbungsgesprächen muss man auch seine Vergangenheit rechtfertigen und Personen der Öffentlichkeit werden private Fehler in der entfernteren Vergangenheit oft nicht verziehen. Mich macht es wütend, dass dieser Artikel diese strukturelle Problematik individualisiert. Natürlich gibt es individuelle Stellschrauben, aber manche Stellschrauben sind individuell nicht einzustellen. Das System ist krank und dieser Aspekt fehlt hier völlig. Schade
Liebe Kommentatorin, lieber Kommentator von Leseeindruck,
herzlichen Dank für Ihren Kommentar. Leider können wir ihn inhaltlich nicht nachvollziehen und bedauern die Schärfe, in der er verfasst worden ist. Denn zum einen reduzieren unsere Autoren die persönliche Lebensleistung keineswegs nur auf Lohnarbeit und Beziehung. Ich denke, das wissen Sie auch. Zum anderen geben sie keine gesellschaftspolitischen oder feuilletonistischen Meinungen ab, sondern betrachten Probleme und Belastungen aus psychologischer Perspektive. Und dabei spielt es eben keine Rolle, wie sich die gesellschaftlichen Normen und Sichtweisen oder auch Fehler verbessern lassen. Vielmehr geht es darum, wie diese äußeren Einflüsse auf unsere Persönlichkeit als Individuum wirken und wie wir darauf reagieren bzw. uns stärken können, um einen guten Umgang damit zu finden.
Natürlich können wir verstehen, dass es frustrierend sein kann, immer wieder an Leistungen aus der Vergangenheit gemessen zu werden, zumal diese selten den ganzen Charakter und alle Potenziale eines Menschen widerspiegeln. Aber diese Debatte um Strukturen und System hat ihren Platz in einem anderen Medium, etwa im Feuilleton einer Tageszeitung, nicht in einem Beitrag, der psychologische Hilfestellung in praktisch anwendbaren Lebenshilfen gibt.
Nochmals: Dass unsere Autoren hier in dieser harrschen Weise angegriffen werden, empfinden wir wiederum als schade. Denn sie sind weder für die Problematik selbst verantwortlich, noch garantieren sie eine Lösung derselben. Sie machen Angebote. Wenn diese Ihnen helfen, gut. Wenn nicht, dann müssen Sie sich eben nach anderen Medien umsehen, die Ihrer strukturelle Kritik besser entsprechen. Die Frage allerdings wird bleiben, was das ändert. Aus psychologischer Sicht lässt sich das Außen nämlich nur in den allerwenigsten Fällen ändern, die eigene Lebensweise dagegen immer, hier und jetzt und jeden Tag aufs Neue!
Ihnen alles Gute und herzliche Grüße
Ihre PAL-Redaktion
Danke,warum sind wir in Deutschland nicht in der Lage,
in Freiheit zu leben,
Verganheit, Gegenwart und Zukunft,
sind ein Fundament für Selbsterkennung und Selbstverwirklichung um
motiviert,leidenschaftliche,spannende,genussvolle,nachhaltige und glücklich
machende Stunden zu generieren.