Vom Müssen zum Werden: Strategien und Tipps fürs Durchhalten – Podcast #124

In dieser Folge des Podcasts "Wecke deine Lebensfreude" geht es darum, wie wir unsere innere Fähigkeit, schwierige Situationen und Herausforderungen zu überstehen, verbessern können.

Vom Müssen zum Werden: Strategien und Tipps fürs Durchhalten – Podcast #124
© PAL Verlag, unter Verwendung eines Fotomotivs von unsplash.com

In dieser Podcastfolge sprechen die Psychologin Claudia Morgenstern und die Coach Maja Günther übers Durchhalten, also über unsere Fähigkeit, schwierige Situationen und Herausforderungen zu überstehen. Sicher kennt jede und jeder von uns diese Phasen, das geht von Lern- und Prüfungssituationen, über Zeiten, in denen wir uns vorgenommen haben, unangenehme Angewohnheiten zu überwinden, über persönliche Durststrecken bis hin zu körperlichen Schmerzen. Was geschieht da in uns und wie können wir diese Situationen besser in den Griff bekommen? 

 

Das Stufenmodell aus der Motivationspsychologie

In der Motivationspsychologie gibt es ein anschauliches Modell, das unser Durchhalten in unterschiedliche Stufen einer Treppe einteilt, die wir emporsteigen. Auf der untersten Stufe geht es ums Müssen: Ich muss das schaffen. Auf dieser Stufe fühlen wir den Druck, der auf uns lastet. Steigen wir auf die zweite Stufe, dann verändern wir unser Müssen ins Wollen: Ich will etwas verändern. Hier geht es um unsere Motivation und Antriebskraft und die Frage: Was ist mein guter Grund fürs Durchhalten? Auf der dritten Stufe erwartet uns ein: Ich kann. Ich kann es schaffen. Ich bin mit den Ressourcen ausgestattet, um mir das Durchhalten zu ermöglichen. Auf dieser Stufe geht es auch ums Rückschauhalten, was ich schon alles geschafft habe bis zu dieser Stufe. Und auf der letzten Stufe kommen wir zur Überzeugung: Ich werde. Hier habe ich schon die Perspektive, mein Ziel zu erreichen, und gleichzeitig die Zuversicht, dass ich den guten Zustand auch erreichen oder die Herausforderung meistern werde.

7 Strategien, um leichter durchhalten zu können

Diesen Prozess durchlaufen wir bestenfalls, wenn wir schwierige oder anstrengende Phasen durchhalten müssen. Aber es gibt auch Hilfsmittel, die uns den Weg erleichtern. Wir stellen sieben vor:

1. Setze dir ein ganz konkretes Ziel.

Das hilft, dir grundsätzlich darüber im Klaren zu sein, was und wohin du willst. Unterteile den Weg dorthin in kleinere Etappenziele, die du leichter erreichen kannst. Das unterstütz dich auch, bei Laune zu bleiben.

2. Erfrage deinen guten Grund.

Warum machst du das? Was motiviert dich? Dazu gehört auch anzuerkennen, Teilziele erreicht zu haben und dich dafür zu feiern oder dich zu belohnen.

3. Vertraue dir.

Um dieses Vertrauen aufzubauen, hilft es, zurückzublicken und zu erkennen, welche Stufen du schon geschafft hast. Dazu ist es aber auch wichtig, deine Bedürfnisse wahrzunehmen und immer mal wieder innezuhalten, um deinen inneren Krafttank aufzubauen – im Vertrauen, dass du weitergehen wirst.

4. Akzeptiere Rückschläge.

Erkenne, dass der Prozess nie schnurgerade läuft und ohne Hindernisse. Gerade im Bereich körperliche und psychische Gesundheit und Heilung gibt es immer wieder Phasen, in denen du das Gefühl hast, es geht nichts weiter. Aber das gehört dazu. Nimm sie an, kalkuliere sie ein als einen ganz normalen Teil deines Weges und lass dich nicht entmutigen.

5. Lerne von Vorbildern.

Überlege, wer aus deinem Umfeld eine ähnliche Situation überstehen musste und es durchgehalten hat – und lass dir von ihrer oder seiner Geschichte Mut machen.

6. Nimm Unterstützung an.

Wir neigen oft dazu, zu meinen, wir würden oder müssten alles alleine schaffen. Daher ist es ein wichtiger Lernprozess, sich Hilfe von anderen zu holen – egal, ob es sich um professionelle Hilfe handelt oder um Hilfe von einer nahestehenden Person, der du von deiner Situation erzählen kannst.

7. Lebe im Moment und genieße ihn.

Überlege dir, wie du dir im Prozess des Durchhaltens immer wieder Auszeiten schaffst, in denen du einfach nur etwas tust, was dich erfüllt.
 

Fallbeispiele aus Therapie und Coaching

Wir erleben in unserer Arbeit in Therapie und Coaching immer wieder anschauliche Beispiele für die eben vorgestellten Anregungen von Menschen, die belastende Situationen durchhalten und durchstehen müssen. 

Eine Klientin beispielsweise hatte sich das Ziel gesetzt, noch vor ihrer Rente eine Ausbildung als Hundestaffel-Führerin zu machen. Das bedeutete für sie zwar eine Zeit, in der sie neben dem Beruf noch eine weitere große Aufgabe zu meistern hatte. Aber ihr Grund war so gut und sinnvoll, auch in der Rente etwas für Körper und Geist zu tun, dass sie wusste, warum sie sich dieser Belastungsphase aussetzte und sie überstand. Auf dem Weg dorthin hat auch sie die verschiedenen Stufen durchlaufen, von der Idee: "Ich muss was machen in meiner Rente" bis hin zur Idee: "Ich würde gerne unterrichten und etwas an andere weiterzugeben." Dann haben wir gesammelt was ihr entspricht und wo sie ihre inneren Ressourcen und Fähigkeiten einsetzen kann. Und schließlich kamen wir auf das Bild, das sie von sich als Hunde-Staffelführerin hatte. Das machte ihr Mut und war von Anfang an Motivation für sie.

Dass sich Menschen gegenseitig fürs Durchhalten ermutigen können, erlebe ich immer wieder bei den Patientinnen und Patienten in der Reha-Klinik. Wenn sie nach einem Schlaganfall körperlich eingeschränkt sind und beispielsweise für eine gewisse Zeit an den Rollstuhl gefesselt sind, hilft es ihnen, die Entwicklung von anderen Patientinnen und Patienten zu sehen, die das bereits überstanden haben und sich wieder auf den eigenen Beinen fortbewegen können.

Ein weiteres Beispiel ist eine ganz junge Klientin, die nach einem Schlaganfall Epilepsie entwickelt hat. Sie hatte einen langen Weg der Genesung durchzuhalten. Ihre treibende Kraft, ihr guter Grund war der Wunsch, weniger epileptische Anfälle zu bekommen. Dabei passte sie immer wieder mit dem betreuenden Arzt die Einstellung ihrer Medikamente an und setzte sich so erreichbare Ziele. Sie lernte, mit der Zeit wieder sich selbst und ihrem Körper zu vertrauen. Natürlich auch mit Rückschlägen in Form von Anfällen zurechtkommen, dazu sprach sie viel mit anderen Patientinnen und Patienten mit Epilepsie. Aber sie hat sich auch Unterstützung gesucht von einem Neurologen und von mir als betreuende Psychologin. Und nicht zuletzt nahm sie sich auch immer wieder Auszeiten, indem sie an den See fuhr und dort am Ufer saß, den Blick genoss und durchatmete. Letztlich hat sie es geschafft. 

Lerne, einen guten Weg fürs Durchhalten zu finden, und du lernst fürs Leben

Wenn du dich das nächste Mal in einer Situation befindest, die dir das Gefühl gibt, durchhalten zu müssen, dann überlege, was es braucht, um die Stufen bis zum „Ich werde“ hochzusteigen. Schreibe ganz konkret auf, was deine Motivation, dein guter Grund ist. Was gibt dir die Zuversicht und was ist dein Ziel? Der Prozess des Durchhaltens ist ein Wechselspiel aus oft gegensätzlichen Aktionen wie Kräfte sammeln, sich überwinden, sich motivieren, Einsatz bringen und auch Pausen machen usw. Und damit lässt sich dieser Prozess auf unser ganzes Leben übertragen. Das bedeutet, wenn wir lernen durchzuhalten, dann lernen wir etwas fürs Leben. 

Wecke deine Lebensfreude – der psychologische Podcast für mehr Zufriedenheit und innere Stabilität

Du findest alle Folgen des Podcasts hier zum Nachhören. Mehr zum Podcast selbst und über Maja und Claudia erfährst du hier.

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 Fallbeispiele aus Therapie und Coaching
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